In einer Arbeitswelt im Wandel braucht es neue Formen der Führung – mit Sinn, Menschlichkeit und echter Verbindung. Mag. David Kleiner, Experte für Leadership, Positive Psychologie und persönliche Entwicklung, zeigt in seiner Arbeit, dass Führung weit über klassische Strukturen hinausgeht. Als erfolgreicher Unternehmer mit der Marke: Ganz Schön Gesund by BeautyMed mit Standorten in Leibnitz und Graz – einem innovativen Konzept aus Coaching, Kosmetik und Körperarbeit, bringt er seine Haltung heute ganzheitlich zur Wirkung. Aus seiner Erfahrung in Pflegeeinrichtungen wie auch in der Industrie hat er tiefgehende Einsichten gewonnen, wie Haltung, Sprache und Beziehungskultur eine Organisation transformieren können. Im Interview spricht er über moderne Führungsansätze, die Kraft des PERMA-Modells – und warum Haltungsarbeit weit mehr bewirken kann als bloßes Kommunikationstraining.
Wie definieren Sie für sich moderne Führung – und wie hat sich Ihre Haltung dazu über die Jahre entwickelt?
Führung braucht Herzklopfen (wenn man die Freude an dem ganzen beim Chef grad gar nicht spürt, ist das das Gegenteil) und Arbeit ohne sinnstiftende Elemente kommt gar nicht mehr gut an.
Dopamin wird bei unerwarteten positiven Erfahrungen ausgeschüttet. Das gibt Sicherheit. Angst und Unsicherheit werden nicht allein durch Mut und Willenskraft überschrieben, sondern durch eben diese positiven Erfahrungen. Diese kann sich eine Führungskraft durch das Miteinander im Team holen und damit die oft eingeschränkte Sicht auf Lösungen wieder freibekommen. Das fördert auch die Interaktion im Team, weil mehr Beteiligung mehr Output bringen kann.
Ich habe ein Sanatorium geleitet mit 60 Mitarbeitern. Hier habe ich, durch den Mangel in der Pflege, eher unbewusst gelernt, wer welche Rolle in einem Führungsteam einnimmt – sich dessen bewusst zu sein, welche Rolle die Situation, unabhängig von meiner Funktion, erfordert, das hat mich reifen lassen.
Ich habe in einem produzierenden Betrieb als Haus- und Hof-Psychologe gedient. Die Sprache, die es braucht, um beim Gegenüber gehört zu werden – diese Sensibilität zu entwickeln – das hat mir das Leben dort sehr erleichtert.
Was bedeutet Positive Leadership für Sie konkret – und inwiefern verändert dieser Ansatz die Unternehmenskultur nachhaltig?
Ein Blick nach vorne (FeedForward), stärkenorientiert eingesetzte Mitarbeitende, das Wissen um den Beitrag, den ich im großen Ganzen des Unternehmens leiste, als Führungskraft in der Lage zu sein, ein Umfeld zu schaffen, um als Mitarbeitender einen Beitrag (Selbstwirksamkeit mit Sinn) leisten zu können und dabei aufzublühen. Es darf über zum Beispiel eine Woche Aufgaben geben, die ungeliebt sind und unangenehm, wenn es auch genügend Aufgaben gibt, die man selbst mit Leidenschaft übernehmen möchte. Und Trennung/Kündigung ist im “Positive Leadership”-Ansatz auch in Ordnung.
Die “Aber” Regel in der Rückmeldekultur finde ich auch immer sehr anschaulich. Unser Gehirn merkt sich im Sinne des Recency Effekts die letztgenannte Info sehr gut. Wenn ich also zuerst und also gleich anbringe, was nicht so gut klappt und dann damit abschließe, was gut gelaufen ist, dann ist die Aber-Regel erfüllt. Du bist mir ein bisschen zu oft zu spät gekommen, aber wenn du da bist, dann haust du dich richtig rein. Was kannst du tun, um zukünftig pünktlich zu erscheinen?
Dieses Beispiel zeigt, dass Kommunikationstools immer noch vorkommen bei mir, aber zuerst muss der Boden (die Haltung) aufbereitet werden, damit diese Tools Früchte tragen – sonst mache ich das einmal, scheitere an meinen Ansprüchen und dann nie wieder.
Wie arbeiten Sie im Coaching mit dem PERMA-Modell von Markus Ebner – und welche Aspekte sind Ihrer Erfahrung nach besonders wirkungsvoll?
Das PERMA-Modell beschreibt fünf Faktoren für Wohlbefinden: Positive Emotionen, Engagement, Beziehungen, Sinn und Erfolg. Es hilft dabei, Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung und in Organisationen gezielt zu stärken.
PERMA hilft greifbar zu machen, wie man als Entscheidungsträger ein Umfeld schaffen kann, um Menschen ein gelingendes Leben auch im Berufsalltag zu ermöglichen. Im Coaching für mich als Privatperson hilft es oft schon, einen Faktor (z.B. A = Accomplishment) zu beleuchten und zu überprüfen, ob ich mich wohl auch ausreichend belohne oder Zwischenschritte würdige.
Als Führungskraft helfen viele Beispiele, die in Ebners Buch geführt werden, um selbst im Team aktiv zu werden und eine Kultur des Zueinander (ein Schritt mehr als Miteinander) zu etablieren.
Besonders wirkungsvoll empfinde ich für mich persönlich den Aspekt der Beziehung (R = Relationship). “It`s the people not the project” meint in diesem Zusammenhang, dass ein Projekt dann noch leichter gelingt, wenn ich mich frage: Was weiß ich über den/die Beteiligten in dem Projekt und was wissen diese von mir? Es wird dann verständlicher, warum wer wie tut. Ganz ohne Psychologiestudium lernt man Menschen dadurch leichter zu lesen.
Sie sprechen davon, auch das „Irritierende“ als Chance zu begreifen. Wie fördern Sie diese Perspektivwechsel in Ihrer Arbeit mit Führungskräften?
Ich spreche an und aus, was ich im Dialog wahrnehme. Gerne auch dann, wenn mir mein Coachee kognitiv und logisch-folgernd sein Problem rechtfertigen möchte. Es macht dann oft einen fundamentalen Unterschied, wenn man wieder auf die Gefühlsebene, auf die Herzensebene zurückkehrt und nicht mehr so stark im Kopf unterwegs ist. Braucht der Coachee lange, um eine Frage zu beantworten, ist sie die richtige Frage, etc.
Warum setzen Sie in Führungskräfte-Seminaren auf Haltungsarbeit statt auf klassische Kommunikations- oder Konflikttrainings?
Versteckt hinter der richtigen Satzstellung wird Verachtung auch nicht gesellschaftsfähig. Der Dialog, im Unterschied zum Gespräch, der Debatte, dem Vortrag oder dem Disput, erwächst schon erstmals durch das Zuwenden zur Person gegenüber. Ich brauch mich auch als AbteilungsleiterIn nicht selbst aufgeben und nur nette Worte dichten, wenn ich mich selbst so nicht fühle.
Eine gewisse Selbstregulationsfähigkeit tut dann auch gut, wenn man die Reaktion verzögern kann und damit wieder Kontakt herstellen kann, auch zu jemandem, dessen Meinung ich gerade gar nicht teile.
Solche Momente erfordern innere Klarheit und die Bereitschaft, hinter die Fassade des Gesagten zu blicken. Wirkliche Verbindung entsteht dort, wo Echtheit erlaubt ist – auch und gerade im Spannungsfeld unterschiedlicher Sichtweisen.
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